Therapie für Frauen mit metastasierendem Brustkrebs

Therapie für Frauen mit metastasierendem Brustkrebs

Frauen, die an Brustkrebs erkranken, bemerken die Veränderungen in ihrem Körper meist sehr spät. Brustkrebs liegt vor, wenn sich im Drüsengewebe der weiblichen Brust bösartige knotenförmige Wucherungen (Tumore) bilden - die so genannten Mammakarzinome. Von metastasierendem Brustkrebs spricht man, wenn vom Ursprungstumor bösartige Zellen in den Organismus geschwemmt - und somit weitere Organe befallen werden. Nicht selten haben sich bereits Metastasen (Tochtergeschwülste) gebildet, die das Fortschreiten der Krankheit erheblich forcieren. Eine entsprechende Therapie gestaltete sich bislang äußerst schwierig.

Allerdings stießen Wissenschaftler Mitte der achtziger Jahre auf ein menschliches Genom* mit einem dort feststehenden Protein, dem sogenannten HER-2/neu. Dieses Onkogen gilt als Rezeptorprotein (signalübermittelnd) und ist auf der Zell-Oberfläche vieler Organe angesiedelt. In erhöhter Konzentration deutet es jedoch auf die Existenz von Krebszellen hin und entlarvt diese als Krankheitsherd. Kein Wunder also, dass HER-2/neu in den vergangenen Jahren in den Mittelpunkt vieler Forschungen rückte, welche letztendlich auch zu einer neuartigen, revolutionären Therapie für Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs führten.

Die üblichen diagnostischen Verfahren - vom Tastbefund über die Mammogaphie (Röntgenverfahren der Brust zur Tumordiagnostik) und die Sonographie (Ultraschalluntersuchungen der Brust, um selbst kleinste Gewebeverdichtungen zu erkennen) bis hin zur Biopsie (Gewebeentnahme, auch PE für Probeextension genannt) - werden seitdem durch eine weitere Untersuchung ergänzt und führten gleichzeitig auch zu der neuartigen Therapie-Form.

Das HER-2/neu ist mittels zweier Tests im Körper der erkrankten Frauen exakt nachweisbar, nämlich anhand eines Bluttests oder durch einen Gewebetest.

Die Vorteile des HER-2/neu-Serumtest

Speziell bei der Frage des HER-2/neu-Status gibt es Fortschritte zu verzeichnen. Neben den bislang üblichen Gewebeuntersuchungen ist die HER-2/neu-Bestimmung jetzt auch aus dem Serum (Blut) möglich. Der HER-2/neu-Serumtest, der in Europa und auch bereits durch die amerikanische Food and Drug-Administration (FDA) zugelassen wurde, bietet gegenüber den Gewebetests einige Vorteile. Vielmehr scheint er ersten Daten zufolge, auch als Prognosemarker nutzbar zu sein. Mit Hilfe des Tests können Metastasen wahrscheinlich entdeckt werden, ehe sie klinisch manifest werden und das Verfahren scheint sich außerdem für eine Therapiekontrolle und eine Therapieoptimierung zu eignen.

Gegenüber den Gewebeuntersuchungen hat der Test ferner den Vorteil, dass kein Tumorgewebe zur Untersuchung notwendig ist, sondern der Wachstumsfaktor-Rezeptor direkt aus Serumproben zu bestimmen ist. Es handelt sich außerdem um ein quantitatives Verfahren, das Verlaufskontrollen ermöglicht und, anders als der Gewebetest, von der subjektiven Einschätzung des Pathologen unabhängig ist.

Antikörper-Therapie

In der neuartigen Therapie kommen so genannte maßgeschneiderte monoklonale Antikörper zum Einsatz (Antikörper, die speziell auf ein bestimmtes Gen eingestellt sind). Diese Antikörper binden sich an das HER-2/neu-Protein und blockieren somit die Wirkung, die von diesem Protein in den Zellen ausgeht. Dies wiederum stimuliert die Aktivität der zellulären Gene. Die Antikörper-Therapie führt zu einer deutlichen Verlängerung der Lebenszeit von Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs. Denn bei Frauen mit Mammakarzinom stellt sich regelmäßig die Frage, ob mit einer konventionellen Chemotherapie, mit einer Hormontherapie oder mit einer Therapie mit dem Antikörper Trastuzumab oder auch einer Kombination der Verfahren behandelt werden sollte. Richtungsweisend für die Entscheidung ist der Hormonstatus der Frau und bezogen auf die Antikörpertherapie die Frage, ob der Wachstumsfaktor-Rezeptor HER-2/neu (Human epidermal growth factor receptor 2) in den Tumorzellen überexprimiert wird.

Das Ansprechen auf die Therapie wird vorhersagbar

Mit dem Serumtest können diejenigen Frauen identifiziert werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine solche Behandlung ansprechen. Denn eine Behandlung ist nur dann sinnvoll, wenn der Wachstumsfaktor-Rezeptor tatsächlich auf den Tumorzellen exprimiert wird. Das ist bei rund 30 Prozent der Frauen mit Mammakarzinom der Fall. Ob im individuellen Fall eine solche Situation gegeben ist, lässt sich dank des Serumtestes auch ohne die Entnahme von Tumorgewebe und entsprechende Gewebeuntersuchungen prüfen.

Folgende Einsatzmöglichkeiten gelten für den Serum (Blut)-Nachweis von HER-2/neu:

  1. Kontinuierliche Überwachung (Monitoring) bei metastasierendem Brustkrebs, um rechtzeitig ein Rezidiv, also ein Wiederauftreten der Erkrankung zu erkennen.
  2. Verlaufskontrolle der Brustkrebs-Patientinnen, die bereits therapiert werden
  3. Identifizierung der Patientinnen, die auf eine Antikörper-Therapie (Antikörper zur Wirkungshemmung des Proteins) ansprechen
  4. Abschätzung des Erfolgs einer Hormon- oder Chemotherapie

Den Therapieverlauf kontrollieren

Durch den Serumtest werden außerdem Verlaufsuntersuchungen möglich. So kann unter der Behandlung kontrolliert werden, wie der HER-2/neu-Spiegel sich entwickelt, wobei der Verlauf wahrscheinlich weit aussagekräftiger ist als der Basiswert. Sind die Werte unter einer Behandlung mit Trastuzumab rückläufig, so ist dies als Kriterium für ein Ansprechen auf den Antikörper zu werten, während bei Frauen, die nicht auf die Therapie reagieren, die HER-2/neu-Spiegel praktisch unverändert bleiben. Damit gibt es andererseits auch ein Kriterium, die kostenintensive Behandlung abzubrechen, wenn klar ist, dass die Erfolgsaussichten minimal sind.

Serumtest eignet sich auch zum Therapiemonitoring

Die Untersuchungen belegen zugleich, dass sich der Serumtest sehr gut auch zum Therapiemonitoring eignet. Sehr früh gibt er wahrscheinlich Hinweise auf das Auftreten erster Metastasen. So wurde in ca. 45 Prozent der Fälle eine Erhöhung des HER-2/neu-Wertes über 12 ng/ml festgestellt und das rund einen Monat vor der klinischen Diagnose einer Metastase. Die HER-2/neu-Testung bietet somit wertvolle Hinweise für das notwendige therapeutische Vorgehen und das beim Primärtumor wie auch beim metastasierten Mammakarzinom.

Gene sind Träger der Erbanlagen und als funktionelle Einheit in unseren Chromosomen (Träger der Gene) eingeschlossen. Chromosomen liegen im Zellkern einer jeden Zelle und bestehen im wesentlichen aus Eiweißen, sogenannten Proteinen. Die erbliche Information einer Zelle, also die Anweisung, wie eine Zelle aufgebaut werden soll, ist ausschließlich in der DNS (Desoxyribonukleinsäure) des Zellkerns und somit in den Chromosomen enthalten. Die DNS ist Planerin und Architektin für den Eiweißaufbau und sie trägt unsere Erbanlagen. Alle unsere körperlichen Erkennungsmerkmale sind von Geburt an in den Erbanlagen, die wir zu gleichen Teilen von unseren Eltern erhalten, festgelegt (kodiert). Folglich wird bereits im Mutterleib eben durch jene Gene unser Aussehen, wie beispielsweise Haar- und Augenfarbe, Körperbau und sogar unsere Blutgruppe festgelegt.