Das Wirkspektrum von Bisphosphonaten in der Onkologie

Das Wirkspektrum von Bisphosphonaten in der Onkologie

Interview mit Prof. Dr. med Ingo J. Diel, Frauenklinik der Universität Heidelberg im Sommer 2001

Fragen und Antworten zu Bisphosphonaten

Welche Vorteile haben Brustkrebs-Patientinnen von einer Clodronat -Behandlung?

Bei Brustkrebs-Patientinnen wird Clodronat (Bisphosphonat) hauptsächlich dazu verwendet, Probleme, die sich durch eine Knochenmetastasierung ergeben, zu mildern. Die Knochenschmerzen werden gedämpft und auch Hyperkalzämie-Syndrome (erhöhter Kalziumspiegel) sind seltener. Außerdem werden Knochenbrüche als Folge der Metastasierung reduziert.
Weiterhin gibt es Hinweise aus klinischen Studien, dass Patientinnen, die Clodronat bereits unmittelbar nach Diagnosestellung in einem noch nicht metastasiertem Stadium einnehmen, später weniger Knochenmetastasen entwickeln. Clodronat schützt Brustkrebs-Patientinnen zudem auch vor einer Osteoporose, die sich häufig aus einer Chemo- oder Hormontherapie entwickelt und auf Dauer auch die Eierstöcke ausschaltet. Hierdurch fehlen die Östrogene im Körper, die vor Osteoporose schützen. Dem kann Clodronat entgegenwirken.

Was ist das Besondere an Clodronat?

Clodronat ist ein Bisphosphonat, das man sowohl intravenös als auch oral verabreichen kann. Wichtig ist, dass es auch bei oraler Gabe wirksam genug ist, um in der Onkologie eingesetzt zu werden.

Welche Patientinnen profitieren besonders von einer Clodronat-Behandlung?

Im Prinzip sind dies natürlich Patientinnen, die Knochenmetastasen haben sowie Patientinnen, bei denen Knochenmetastasen zu befürchten sind.

Sollte Clodronat allen Patientinnen mit Tumorzellen im Knochenmark gegeben werden?

Das lässt sich heute nicht exakt sagen. Ich persönlich denke, dass der Nachweis von Tumorzellen im Knochenmark ein gutes Selektionskriterium ist. Diese Patientinnen besitzen ein erhöhtes Risiko für eine spätere Metastasierung.

Wie sieht das Nebenwirkungsprofil der Substanz aus?

Hier stehen Beschwerden des Magen-Darm-Traktes im Vordergrund, von denen etwa 5 - 6 Prozent der Patientinnen betroffen sind. Weitere Nebenwirkungen sind sehr selten.

Glauben Sie, dass die Wirkung von Clodronat bei der Behandlung von Metastasen bisher unterschätzt wurde?

Nachdem im Laufe der Zeit immer mehr Studien mit Clodronat erschienen sind, ist die Behandlung von Knochenmetastasen mit dieser Substanz heute Standard geworden. In gewisser Hinsicht wird die Substanz aber unterschätzt. Manche Ärzte sind der Ansicht, dass nur intravenös gegebene Bisphosphonate wirklich wirksam sind. Oral verabreichte Bisphosphonate werden nur in einer Größenordnung von 0,5 bis 7 Prozent aus dem Darm resorbiert. Aber bei Clodronat sind das immerhin 2 bis 7 Prozent, was für die Wirksamkeit ausreichend ist.

Welchen Stellenwert kann die Substanz Ihrer Ansicht nach in der Tumortherapie einnehmen?

Bei Knochenmetastasen ist es eine Behandlung, die auf jeden Fall durchgeführt werden muss. Nicht nur um Komplikationen wie Knochenschmerz und Hyperkalzämie zu behandeln, sondern auch um vor diesen Komplikationen zu schützen.
Bei der Prophylaxe und Behandlung der Osteoporose, d. h. auch der therapieinduzierten Osteoporose, haben meiner Ansicht nach die Bisphosphonate und damit selbstverständlich auch Clodronat, einen sehr hohen Stellenwert.

Fotoquellen: Hoffmann-La Roche - Ostac