Osteopathie anstatt Operation
Mit Hilfe der Osteopathie hat er eine Schulteroperation verhindern können. Der Unfall passierte vor 20 Jahren in einem abgelegenen Dorf im französischen Hochgebirge. Ein falscher Griff, ein heftiger Schmerz, die rechte Schulter war nach kurzer Zeit schwarz und blau und kein Arzt weit und breit. So blieb die Verletzung unbehandelt. Erst später erfuhr Ferdinand S., dass er sich bei dem Unfall die Bizepssehne zum Teil abgerissen hatte. Festgestellt hat das ein Masseur - Jahre danach und damit viel zu spät für eine Behandlung der Sehne. Aber es hat lange gedauert, bis Ferdinand S. die Auswirkungen dieser Verletzung richtig gespürt hat. In den ersten Jahren hat seine Lebensqualität nicht wesentlich gelitten. "Ich hatte einen Kräfteverlust im rechten Arm, aber keine Bewegungseinschränkungen", erklärt er. Mit den Jahren hat sich das aber drastisch geändert. "Ich hatte irgendwann immer Schmerzen, bestimmte Bewegungen konnte ich gar nicht mehr machen. Vor fünf Jahren konnte ich den Arm nicht mehr heben, beim Autofahren nichts mehr vom Rücksitz nehmen, den Ball für meinen Hund nicht mehr werfen oder mir nur noch unter Mühen alleine eine Jacke anziehen", beschreibt der sportlich aktive 71-Jährige seine Beschwerden.
Sein erster Weg führte ihn zum Orthopäden, der eine Asymmetrie in der rechten Schulter feststellte, die er auf den Anriss der Bizepssehne zurückgeführte. Die Bizepssehne fixiert das Schultergelenk. Ohne diesen Halt sitzt die Gelenkkugel nicht mehr richtig in der Pfanne - die Schulter wird instabil. Langfristig führt das zu starken Schmerzen und zu den massiven Bewegungsbeeinträchtigungen. Aus orthopädischer Sicht blieb als Behandlung nur eine komplizierte Operation des Schultergelenks. Genau davor aber hatte Ferdinand S. Angst. "Es gibt in meinem engen Bekanntenkreis zwei Fälle, bei denen ähnliche Schulteroperation trotz Nachoperationen nicht zu einem befriedigenden Ergebnis geführt haben", begründet er seine Bedenken. Diesem Risiko wollte er sich nicht aussetzen. Ein Freund hat ihm schließlich eine osteopathische Behandlung empfohlen, "eine für mich ganz neue Welt", wie er heute sagt. Nach einer intensiven Erstuntersuchung, der so genannten Anamnese, versicherte ihm die Osteopathin Stefanie G. , dass sie mit ihrer Behandlung einen für ihn befriedigenden Zustand erreichen könne. "Ich fand das sehr mutig. Als Architekt denke ich immer in Kriterien der Statik. Deshalb konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie mir die Osteopathie helfen sollte. Aber Frau G. wirkte als Persönlichkeit so überzeugend, dass ich ihr vertraut habe", berichtet Ferdinand S.
Stefanie G. hat aber nicht in erster Linie die rechte Schulter behandelt. "Herr S. hatte in seinem Leben mindestens 10 Unfälle und dementsprechend viele Beeinträchtigungen am Körper." Für die Schmerzen und die Einschränkung der Beweglichkeit in der rechten Schulter spürte sie drei Funktionsstörungen im Körper auf. Als erstes behandelte sie die Folgen eines doppelten Rippenbruchs links. Durch diesen etwa zehn Jahre zurückliegenden Bruch wurde die Statik im Brustkorb verändert, was die Schulterüberlastung rechts maßgeblich mit ausgelöst hatte, weil die Schulter nicht ausheilen konnte. Als nächstes therapierte sie ein Schmerzsyndrom an der Lendenwirbelsäule. Erst danach widmete sie sich dem Teilabriss der Bizepssehne rechts, der eine Fehlstellung im Bereich des rechten Armes verursacht hatte. "Der Oberarmkopf war im Schultergelenk nach vorne verschoben, dadurch war die freie Beweglichkeit eingeschränkt. Deshalb stößt der Oberarmkopf gegen das Schulterdach, wenn man den Arm hebt. Das verursacht die Schmerzen und die eingeschränkte Beweglichkeit".
Die positiven Auswirkungen der Behandlung hat Ferdinand S. schnell gespürt: Die Schmerzen wurden langsam weniger, die Beweglichkeit kam zurück. Aber nach vier Monaten wurde er dennoch ungeduldig. Deshalb wandte er sich erneut an einen Orthopäden, der ihm drei schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten nannte: Massagen, Spritzen oder eine Operation. Vor letzterem schreckte er zurück, also ließ er sich eine Spritze geben. "Die Schmerzen waren danach fast weg, kamen aber nach einer gewissen Zeit leider wieder", erzählt Ferdinand S. So kehrte er schließlich doch zu Stefanie G. zurück.
"Insgesamt hat die Behandlung ein dreiviertel Jahr gedauert. Das ist ungewöhnlich lange und kann nur an den vielen Verletzungen und Traumata liegen, die sich Herr S. im Laufe seines Lebens zugezogen hat", erklärt die erfahrene Osteopathin. Bereut hat Ferdinand S. diese Entscheidung bis heute nicht. "Ich habe heute bei bestimmten Bewegungen immer noch leichte Schmerzen, aber ich kann wieder alles machen," sagt er und steckt sich den Ball in die Tasche für seinen Hund, mit dem er gleich Spazieren geht.