Neuer Arzneistoff gegen Brustkrebs

 

 

Neuer Arzneistoff
gegen Brustkrebs
erhält den PZ Innovationspreis 2001

Der Arzneistoff Trastuzumab bietet neue Behandlungschancen bei Frauen mit einer besonders aggressiven Form des Brustkrebses. Es handelt sich um ein neuartiges Therapieprinzip, bei dem ein Antikörper gezielt in die Wachstumsprozesse des Tumors eingreift. Die Substanz wurde beim Deutschen Apothekertag in München mit dem diesjährigen Innovationspreis der Pharmazeutischen Zeitung ausgezeichnet.

Der Brustkrebs ist der häufigste bösartige Tumor bei Frauen in der westlichen Welt. Allein in Deutschland erkranken jährlich etwa 49.000 Frauen an dieser Krebsform, rund 19.000 versterben daran.

Wird der Tumor frühzeitig erkannt, so sind die Heilungschancen gut. Anders sieht es aus, wenn die Krebserkrankung bereits im fortgeschrittenen Stadium ist. Mit dem neuen Wirkstoff Trastuzumab, kann nun bei Frauen, bei denen herkömmliche Behandlungsversuche nicht ausreichend sind, eine Verlängerung der mittleren Lebenszeit erwirkt werden.

"Für die Jury waren die vorliegenden klinischen Daten so überzeugend, dass sie sich beim PZ Innovationspreis für diesen Antikörper entschieden hat", berichtete Dr. rer. nat. Hartmut Morck, Chefredakteur der Pharma-zeutischen Zeitung, bei der Preisverleihung anlässlich des Deutschen Apothekertages in München.

Das Tumorwachstum wird gestoppt

Bei Trastuzumab handelt es sich um einen Antikörper, der sich gezielt gegen bestimmte Oberflächenstrukturen, sogenannte Rezeptoren, auf der Zelloberfläche richtet. Konkret bindet die Substanz an die HER2-Rezeptoren der Tumorzellen. Hierbei handelt es sich um Strukturen, die Wachstumssignale empfangen und an den Zellkern weiter leiten. Diese Strukturen sind damit direkt an der Steuerung des Zellwachstums beteiligt.

Bei rund jeder dritten Patientin mit Brustkrebs sind solche Rezeptoren in überdurchschnittlich großer Zahl auf den Tumorzellen zu finden, berichtete Professor Dr. rer. nat. Axel Ullrich von der Abteilung Molekularbiologie am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, einer der "Väter" von Trastuzumab, von bei der Preisverleihung in München. Dieser Defekt wurde schon 1987 nachgewiesen und es wurde bald klar, dass die hohe Zahl der HER2-Rezeptoren einher geht mit einem beschleunigten Tumorwachstum, einem aggressiveren Tumortyp und zugleich mit deutlich schlechteren Heilungschancen der Patientin.

Längere Lebenserwartung

Das führte zur Entwicklung eines speziellen Antikörpers, eben des mit dem PZ Innovationspreis ausgezeichneten Trastuzumab, der gezielt an den HER2-Rezeptor der Tumorzelle bindet. Er verhindert damit, dass Wachstumssignale auf die Zelle übertragen werden. Die Zelle kann sich dann nicht mehr teilen und der Tumor wächst nicht weiter, erläuterte Frau Dr. rer. nat. Ute Riedel vom Unternehmen Hoffmann-La Roche.

Zwei große internationale Studien haben nach ihren Worten bereits belegt, dass Trastuzumab in Kombination mit Zytostatikum mit dem Wirkstoff Paclitaxel einen klaren lebensverlängernden Effekt hat. Der Wirkstoff wurde auf Basis dieser Daten für die Behandlung von Frauen mit metastasiertem Brustkrebs, auf deren Tumorgewebe viele HER2-Rezeptoren nachweisbar sind, zugelassen.

Die guten klinischen Daten sind mit verantwortlich dafür, dass Trastuzumab den PZ Innovationspreis 2001, der übrigens in diesem Jahr zum siebten Mal verliehen wurde, erhielt. Insgesamt 29 Fertigarzneimittel wurden nach PZ-Chefredakteur Morck im Auswahlzeitraum von Juli 2000 bis Juni 2001 in Deutschland auf den Markt gebracht und von der Jury beurteilt. Für Trastuzumab entschied sich die Jury, da es der weltweit erste zugelassene Antikörper für die Behandlung solider Tumoren ist, weil es sich um ein innovatives Wirkprinzip handelt und der klinische Nutzen der Substanz gut dokumentiert ist.

Zugelassen ist der Wirkstoff seit Oktober 1998 in den USA und seit August 2000 in der Europäischen Union. Inzwischen wurden weltweit rund 45.000 Patientinnen mit dem Antikörper behandelt. Bislang sind das ausnahmslos Frauen, bei denen der Tumor bereits Metastasen gebildet hat. In Deutschland wird jedoch noch im Herbst diesen Jahres eine große internationale Studie beginnen, die den Stellenwert von Trastuzumab auch in frühen Tumorstadien, also direkt nach der operativen Entfernung des Tumors, untersuchen soll. Übrigens werden in Deutsch- land jedes Jahr ungefähr 1500 "neue" Arzneimittel eingeführt, die Zahl echter Innovationen ist jedoch ausgesprochen klein. Mit dem Ziel, die Entwicklung neuartiger Arzneimittel, also solcher mit völlig neuen Wirkansätzen, zu würdigen und zu fördern, vergibt die Pharmazeutische Zeitung seit 1995 den PZ Innovationspreis. Die Auszeichnung wird traditionell beim Deutschen Apothekertag überreicht.

Das Unternehmen Hoffmann-La Roche erhielt den renommierten Preis in diesem Jahr schon das dritte Mal. Es bekennt sich explizit zur Forschung im pharmazeutischen Bereich, wenngleich die Rahmenbedingungen nach Dr. rer. nat. Karl H. Schlingensief, Hoffmann-La Roche, Grenzach-Wyhlen, in unserer Gesellschaft zunehmend schwieriger werden. Für Investitionen in Innovationen und Forschung wendet das Unternehmen nach Dr. Schlingensief jährlich weltweit rund vier Milliarden Schweizer Franken auf.