Bluterkrankheit (Hämophilie)

Bluterkrankheit (Hämophilie), was ist das?

Die Bluterkrankheit auch Hämophilie genannt, ist eine genetisch bedingte Störung der Blutstillung. Hämophilie bedeutet wörtlich "Blutneigung". Menschen, die an Hämophilie erkrankt sind, leiden zeitlebens an einer verminderten Gerinnungsfähigkeit des Blutes.

Bei einer Blutung gerinnt das Blut nicht wie bei einem gesunden Menschen. Die Wunde schließt sich nicht vollständig oder nicht schnell genug. Der Grund: im Blut fehlt ein Eiweiß, das für die Gerinnung notwendig ist und deshalb als Blutgerinnungsfaktor bezeichnet wird. Die Folge sind ungestillte äußere und innere Blutungen mit im schlimmsten Fall tödlichem Ausgang.

Obwohl die Hämophilie immer noch unheilbar ist, können die Patienten wegen des großen medizinischen Fortschritts ein fast normales Leben führen.

Die Hämophilie kommt in zwei unterschiedlichen Formen vor, der Hämophilie A – hier fehlt der Blutgerinnungsfaktor VIII – und der Hämophilie B, bei der der Gerinnungsfaktor IX fehlt. Bei beiden Hämophilieformen gibt es zudem unterschiedliche Schweregrade, die sich in der Ausprägung der Symptome unterscheiden.

In der Bevölkerung ist die Hämophilie auch unter dem Begriff "Bluterkrankheit" bekannt, aber von Hämophilie Betroffene sprechen lieber von Hämophilie und wollen auch als 'Hämophile' bezeichnet werden. Derzeit gibt es in Deutschland etwa 4.000 Menschen, die an Hämophilie A und 800, die an Hämophilie B erkrankt sind.

An Hämophilie erkranken fast nur Männer. Die Ursache ist ein Defekt im X-Chromosom. Da Frauen zwei X-Chromosome haben, kann der Defekt meist durch das zweite, normale X-Chromosom ausgeglichen werden. Männer haben aber nur ein X-Chromosom und besitzen daher bei einem Defekt keine Ausgleichsmöglichkeit. Zwei Drittel der Hämophilie-Erkrankungen sind erblich bedingt, während ein Drittel durch spontane Mutationen erfolgt. Diese Mutationen treten während oder nach der Zeugung im Mutterleib auf.

Leben mit Hämophilie

Hämophilie-Patienten werden mit Medikamenten behandelt, die den betroffenen Gerinnungsfaktor in konzentrierter Form enthalten. Diese Medikamente werden deshalb auch als Faktor-Konzentrate bezeichnet.

Von den 60er bis in die 80er Jahre erhielten Hämophilie-Patienten in Deutschland ausschließlich Faktor-Konzentrate, die aus Blutplasma von Spendern hergestellt wurden. Das war der Grund, warum mehr als 50% der Hämophiliepatienten Anfang der 80er Jahre mit dem plötzlich aufgetretenen Aids-Erreger infiziert wurden. Das HI-Virus, das für AIDS verantwortlich ist, wurde hauptsächlich durch Blut und Blutprodukte übertragen.

Mit Biotechnologie aus der Krise

In den letzten Jahren konnte durch intensive medizinische Forschung die Sicherheit erhöht werden. Zunächst wurden für die aus Blut- und Plasmaspenden hergestellten Faktor-VIII-Konzentrate in den 1980er Jahren neue Reinigungs- und Virusinaktivierungsverfahren eingeführt. Die Entdeckung und Isolierung des menschlichen Faktor-VIII-Gens im Jahr 1984 schuf dann die Grundlage für eine neue Präparateklasse: Dieser Faktor VIII wurde nun nicht mehr aus menschlichem Blut gewonnen, sondern mithilfe der Biotechnologie hergestellt.

Damit brauchen sich Patienten bei Auftreten unbekannter Viren oder neuartiger Krankheitserreger, die durch Blut- und Plasmaspenden übertragen werden können, heute nicht mehr zu sorgen.

Zudem ermöglicht die den Blutungen vorbeugende Behandlung sowie die Möglichkeit, sich das Faktor-Konzentrat selbstständig zu Hause zu spritzen, den Hämophilen ein relativ normales Leben.