Medizin­lexikon

Clusterkopfschmerz

Der Clusterkopfschmerz (auch Bing-Horten-Neuralgie, Histamin-Kopfschmerz, Sluder-Neuralgie u. v. a.) ist eine von über 160 Kopfschmerzarten. Allgemein wird in der Literatur der Clusterkopfschmerz als "die schmerzhafteste Form der Kopfschmerzen" überhaupt bezeichnet. Deshalb trägt er auch den Beinamen "Selbstmord-Kopfschmerz".

Erscheinungsform:

Die Schmerzen treten streng einseitig (rechts oder links) im Bereich Auge/Schläfe auf und werden beschrieben, wie "wenn ein weißglühender, fingerdicker Nagel durchs Auge gestoßen wird".

In der stärker verbreiteten episodischen Form (ca. 80 %) treten diese Schmerzattacken während einiger (etwa 8 - 12) Wochen ein bis zweimal jährlich auf. Dann allerdings bis zu acht mal täglich mit einer Anfallsdauer von 15 - 180 Minuten. Wegen der Intensität des Schmerzes schlagen Betroffene Ihren Kopf gegen die Wand oder derart mit den Händen um sich, dass bereits Handgelenksbrüche beobachtet wurden.

Neben dem unerträglichen Schmerz treten folgende Symptome auf, die jedoch nicht zwingend alle vorhanden sein müssen: tränendes oder gerötetes Auge, verstopfte oder laufende Nase, Hautrötung, Gesichtsschwitzen, herabhängendes Augenlid - all das nur auf der schmerzenden Seite. Ein weiteres typisches Merkmal ist die Unruhe, die von dem Betroffenen Besitz ergreift. Der typische Clusterkopfschmerz-Patient ist während des Anfalls unfähig, sich ruhig zu verhalten (liegen oder sitzen): Er muss umherlaufen, "wie ein Tiger im Käfig".

Nach einigen Wochen mit annähernd täglichen Anfällen tritt fast schlagartig eine Ruhephase von mehreren Wochen bis hin zu einigen Jahren ein, die dann von einer neuen Anfallsserie fast ebenso schlagartig wieder abgelöst wird. Daher leitet sich auch der Name "Clusterkopfschmerz" ab: cluster =engl. Büschel, Haufen. Die Anfälle treten in Büscheln gehäuft auf, um dann wieder eine zeitlang auszusetzen.

Neben der episodischen gibt es in ca. 20% der Fälle auch die chronische Form. Hierbei fehlen die Ruhephasen zwischen den "Clustern", oder sie sind kürzer als 14 Tage.

Ursache:

Die Ursache für diese Erkrankung ist bislang nicht erforscht, was zum Teil auch daran liegen mag, dass die Erkrankung recht selten ist; nach verschiedenen Schätzungen (verbindliche Erhebungen existieren nicht) sind bundesweit etwa 20.000 bis 700.000 Menschen betroffen (darin enthalten eine hohe Dunkelziffer derer, die noch nicht diagnostiziert sind). Im Gegensatz zu allen anderen Kopfschmerzarten sind vom Clusterkopfschmerz weitaus mehr Männer als Frauen betroffen (etwa 80 : 20).

Als Ursache der Krankheit wird eine sterile, also nicht durch Bakterien verursachte, Entzündung im Bereich der "sinus cavernosus" angenommen. Die sinus cavernosus sind Venengeflechte, die sich auf der Innenseite des Schädels
in Höhe der Augen befinden.

In diesen sinus cavernosus treffen die Ver- und Entsorgungsadern und Nerven von Auge, Gesicht und Nase zusammen, wodurch auch die oben beschriebenen Neben-Symptome erklärt werden können. Da es von dem sinus cavernosus je einen rechten und einen linken gibt, ist auch die Einseitigkeit des Geschehens erklärt. Nicht erklärbar ist allerdings bislang, wer oder was diese Entzündung auslöst und wodurch sie (im Fall des episodischen Clusterkopfschmerzes) wieder abklingt.

Behandlung:

In der Behandlung des Clusterkopfschmerzes werden zwei Wege beschritten: 1. die Behandlung des akuten Anfalls und 2. die vorsorgliche (prophylaktische) Behandlung, um eine Attackenserie möglichst erst gar nicht zum Ausbruch kommen zu lassen.

Für die Prophylaxe werden Medikamente eingesetzt, die aus anderen Anwendungsgebieten "zufällig" als gegen Clusterkopfschmerz wirksam erkannt wurden. So kommen zum Beispiel Präparate aus der Herz-Behandlung zum Einsatz. Hier sind in erster Linie zu erwähnen: Verapamil (Handelsname: Isoptin) oder Lithium ("Quilonum retard"). Andere Mittel werden nur vereinzelt eingesetzt, wenn mit den vorgenannten kein Therapieerfolgt erzielt werden kann.

In der Akutbehandlung ist das Mittel der ersten Wahl Sauerstoff! Dieser, in seiner medizinisch reinen Form, per Gesichtsmaske für etwa 10 - 15 Minuten und einer Fließgeschwindigkeit von mindestens 7 l/min eingeatmet, bricht in etwa 70% der Fälle die Attacke zuverlässig ab. Das besonders Angenehme am Sauerstoff: er hat (in dieser Dosierung) keine Nebenwirkungen!

Wenn der Sauerstoff nicht hilft, tritt mit einer ebenso hohen Zuverlässigkeit die Gruppe der Triptane, allen voran das Sumatriptan (Handelsname: Imigran) an seine Stelle. Diese Triptane werden in verschiedenen Darreichungsformen angeboten: als Nasenspray, als Zäpfchen oder als Spritze, die ? wie beim Diabetiker ? vom Patienten selbst gesetzt werden kann. Auch bei den Triptanen tritt in kürzester Zeit (5 - 15 Minuten) ein Abbruch der Attacke ein.

Die freiverkäuflichen Schmerzmittel (Paracetamol, ASS usw.) sind beim Clusterkopfschmerz unwirksam! Wer an Clusterkopfschmerz leidet, und ebenso auch die Angehörigen des Betroffenen, sollten sich auf jeden Fall mit einer Selbsthilfegruppe vor Ort in Verbindung setzen, um hier weitere Hilfe und Information zu erfahren

Synonyme: Clusterkopfschmerz, Bing-Horten-Neuralgie, Histamin-Kopfschmerz, Sluder-Neuralgie
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