Vom Knacken im Kiefergelenk bis zum Gesichtsschmerz

Vom Knacken im Kiefergelenk bis zum Gesichtsschmerz

Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass das Kiefergelenk das am meisten beanspruchte Gelenk ihres Körpers ist. Von der Muskulatur des Unterkiefers werden z.B. größere Kräfte entwickelt als von der des Oberschenkels oder des Oberarms. Alle diese Belastungen werden auf das Kiefergelenk übertragen. Durch ein abgestimmtes Zusammenspiel verschiedener Bewegungskomponenten und anatomischer Strukturen gelingt es in aller Regel trotzdem, das Kiefergelenk bis ins hohe Alter funktionstüchtig zu erhalten. Dafür ist die genaue Beobachtung eventueller Veränderungen in diesem Bereich von besonderer Bedeutung. Diese Veränderungen können bereits durch einen vorstehenden Zahn, eine schlecht sitzende Prothese oder eine schlechte Passung von Brücken und Kronen ausgelöst werden.

Aus einem anfänglichen Kiefergelenksknacken können sich chronische Schmerzen entwickeln, die sogar bis zu einer eingeschränkten Mundöffnung und zu einer Unfähigkeit zur Aufnahme fester Nahrung führen. Ergeben sich erste Anzeichen für Beschwerden im Kiefergelenk, sollte deshalb möglichst schnell ein entsprechend qualifizierter Facharzt aufgesucht werden. Nur ein Spezialist kann die notwendige Diagnostik zur Untersuchung des Kiefergelenks einleiten und hat das therapeutische Werkzeug, um krankhafte Veränderungen entsprechend zu behandeln. Es gibt zwei Fachdisziplinen, die dafür qualifiziert sind: Fachzahnärzte für Kieferorthopädie und Ärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Durch sie kann man das Beschwerdebild genau abklären und den klinischen Funktionsstatus erheben lassen.

In jedem Fall ist das frühzeitige Einleiten von Therapiemaßnahmen sinnvoll, da ein Ignorieren von ersten Symptomen eher zu einer Verschlimmerung des Problems führt und eine Lösung langfristig dann oft nur noch durch einen operativen Eingriff möglich ist. Bei einer frühzeitigen Therapieeinleitung kann vielen Patienten z. B. mit einer Aufbiss-Schienen-Therapie geholfen werden. Nur wenn Kieferfehlstellungen mit einem vor- oder zurückstehenden Kiefer vorliegen, muss operiert werden. Bei den meisten Patienten besteht jedoch eine reguläre Beziehung zwischen Ober- und Unterkiefer und die Symptome sind durch andere Veränderungen entstanden. In diesen Fällen hilft meistens eine Therapie mittels Aufbau-Schiene.

Von großer Bedeutung ist auch die Überprüfung und Analyse des bestehenden Zahnersatzes. Viele Patienten halten eine Bezahnung bis zum ersten Backenzahn für völlig ausreichend, um richtig essen zu können. Dabei ist gerade der zweite Backenzahn mit seiner Abstützfunktion äußerst wichtig für das reibungslose Funktionieren des Systems, und sein Fehlen führt oft relativ rasch zu Verschiebungen der Zwischengelenkscheibe, die dann Schmerzen bei der Mundöffnung zur Folge hat.

Manchen Patienten ist auch gar nicht bewusst, dass sie Kieferveränderungen haben – sie interpretieren die Symptome des veränderten Gelenks und der veränderten Gelenksfunktion als erste Zeichen eines Hörsturzes oder Migräneschmerzen. Umso wichtiger ist es, lieber einmal mehr als einmal zu wenig zum Spezialisten zu gehen und damit schwer wiegende Folgeschäden zu vermeiden.

Dr. med. Dr. med. dent.

Michael Th. Stepke

Facharzt für Mund-, Kiefer-

und Gesichtschirurgie,

Funktionsanalyse,

Implantologie,

kosmetische Chirurgie.