Haarausfall: der veranlagte Haarausfall bei Frauen

Haarausfall: der veranlagte Haarausfall bei Frauen

Etwa jede fünfte Frau wird im Laufe ihres Lebens durch den veranlagten weiblichen Haarausfall betroffen, der in der medizinischen Fachsprache als androgenetische Alopecie bezeichnet wird. Nicht selten beginnt dieser schubweise aber auch schleichend auftretende Haarverlust bereits im 3. Lebensjahrzehnt und erfährt in den Wechseljahren oft noch eine Akzentuierung

Etwa jede fünfte Frau wird im Laufe ihres Lebens durch den veranlagten weiblichen Haarausfall betroffen, der in der medizinischen Fachsprache als androgenetische Alopecie bezeichnet wird. Nicht selten beginnt dieser schubweise aber auch schleichend auftretende Haarverlust bereits im 3. Lebensjahrzehnt und erfährt in den Wechseljahren oft noch eine Akzentuierung. Für die betroffenen Frauen bedeutet dies eine außerordentliche psychische Belastung.

 

Können Faktoren wie Stress, Nährstoffmangel, Hormonstörungen, allgemeine Erkrankungen sowie Medikamente als Ursache ausgeschlossen werden, besteht der Verdacht auf die häufigste Form des weiblichen Haarausfalls: der androgenetischen Alopecie. Anhand des Zupftestes kann sich der Hautarzt einen ersten Eindruck über die Ausprägung des Haarausfalls machen. Normalerweise bleiben beim schmerzlosen Zupfen mit leichtem Zug ca. 1 - 3 Haare zwischen den Fingern hängen. Deutlich mehr Haare weisen auf ein weiteres Fortschreiten des Haarausfalls hin.

Bei der Untersuchung der Kopfhaut fällt auf, dass eine symmetrische Lichtung an der zentralen Scheitelregion besteht. Typisch für den veranlagten Haarausfall ist die Verkümmerung (Miniaturisierung) des Haarwachstums. Das betroffene Haar wächst nicht mehr kräftig, sondern wird dünner und kürzer. Eine völlige Kahlheit tritt bei Frauen nicht ein, aber die ausgedünnt wirkende Kopfbehaarung kann dennoch zu einem außerordentlich starken Leidensdruck führen.

Diagnosestellung

Bestehen Zweifel an der Diagnose, kann durch eine Haarwurzeluntersuchung (Tri­cho­gramm) eine weitere Klä­rung herbeigeführt werden. Vorbereitend werden hierzu, beginnend nach einem Waschtag, über 5 Tage alle Haare eines Tages gesammelt und ausgezählt. Nach dem Waschtag sollten es nicht mehr als 100 Haare sein. In der Hautarztpraxis werden am 5. Tag an zwei Stellen je 50 - 100 Haare gezogen. In der sich anschließenden mikroskopischen Untersuchung kann aufgrund der prozentualen Verteilung der Haare in den unterschiedlichen Wachstumsphasen eine Verlaufsbeurteilung und eine Aussage über eventuelle andere Ursachen des Haarausfalls gemacht werden. Ein neuartiges Verfahren, die TrichoScan-Methode, eignet sich nicht nur für eine schmerzlose Diagnostik, sondern ist darüber hinaus auch ideal für die Beurteilung des Therapieverlaufs. Hierbei wird ein 2 cm2 großes haartragendes Areal rasiert, digital fotografiert und anschließend analysiert.

Ursache

Die Ursache der androgenetischen Alopecie bei Frauen liegt in einer erblich bedingten Fehlsteuerung hormoneller Vorgänge im Haarschaft des Haares (Haarfollikel). Das auch bei Frauen vorhandene zirkulierende männliche Hormon Testosteron wird an den Haarfollikeln durch das Enzym Steroid-5-alpha-Dehidrogenase in das dort unmittelbar auf das Haarwachstum einwirkende Hormon Dihydrotestosteron umgewandelt. Der exakte Mechanismus der Feinsteuerung des Haarwachstums ist noch nicht bekannt. Die betroffenen Haarfollikel, die sich während des jeweils sechsjährigen Wachstumszyklus eines Haares zunehmend verkleinern, weisen vermehrt Andockstellen für das Testosteron auf. Gleichzeitig arbeitet das Umwandlungsenzym stärker und die Aktivität des Testosteronabbauenden Enzyms ist vermindert. Der Grund, warum Frauen in der Menopause oft an verstärktem Haarausfall leiden, liegt darin, dass auf der einen Seite weniger Östrogene als Gegenspieler zum Testosteron zur Verfügung stehen und auf der anderen Seite, durch die Verminderung der Bindungs­eiweiße im Blut, der freie, hormonell wirksame Anteil des Testosterons ansteigt.

Hormonelle Therapie

Eine Heilung des androgenetischen Haarausfall bei Frauen ist zur Zeit noch nicht möglich, da die erblich bedingte Empfindlichkeit bestimmter Haarfollikel gegenüber dem männlichen Hormon Testosteron nicht zu beheben ist. Die therapeutischen Erwartungen der Patienten sind verständlicherweise sehr hoch. Es ist jedoch allenfalls eine leicht- bis mittelgradige Besserung möglich. Oft ist es aber bereits als Erfolg zu werten, wenn der bestehende Zustand erhalten werden kann. Durch die tägliche Einreibung östrogenhaltiger Lösungen kann das Enzym Ste­roid-5-alpha-Dehidrogenase gehemmt werden. Dadurch wird aus dem vorhandenen Testosteron weniger Dihydrotestosteron gebildet, welches die Miniaturisierung der Haare mit bedingt. Die östrogenhaltigen Lösungen sind verschreibungspflichtig und daher nur über ein ärztliches Rezept zu beziehen.

Minoxidil stellt ein weiteres wirksames Therapeutikum dar. Es ist in Deutschland für Frauen und Männern zugelassen und in Apotheken erhältlich.

Lokale Östrogene und Minoxidil werden oft auch in Rezepturen kombiniert verabreicht. Andere auf dem freien Markt erhältliche Mittel haben bei dieser Form des Haarausfalls keine Wirksamkeit. Die Antibabypille ist ein oft sehr wirkungsvolles Therapeutikum gegen diese Form des Haarausfalls. Das wird vielen Frauen auch dann bewusst, wenn sie die Pille abgesetzt haben und in den folgenden Wochen und Monaten einen mehr oder weniger deutlichen Haarausfall bemerken. In Absprache mit dem Frauenarzt kann deshalb auch die "Pille" durch ihre wirksamen Hormone als haarerhaltende Therapie eingesetzt werden. Neben dem hormonellen Anteil des antiandrogen wirkenden Gestagens können auch Kombinationen verordnet werden, die am Androgenrezeptor des Haarfollikels andocken und somit an dieser Stelle das eigentlich sich anbringende Testosteron verdrängen. In der Regel wird ein Antiandrogen (z. B. Chlormadinon­ace­tat) mit einem Östrogen kombiniert. Erst in sehr ausgeprägten Fällen kann zusätzlich das antiandrogen wirkende Cyproteronacetat eingesetzt werden.

Transplantation

In seltenen Fällen ist der Haarausfall so massiv, dass eine Haartransplantation in Erwägung gezogen wird. Bei der Transplantation werden Haut und Haare vom Hinterkopf oder der seitlichen Region entnommen und in die haarfreie Zone im Rahmen einer sehr aufwändigen Operation eingepflanzt. Hierbei macht man sich den Umstand zu nutze, dass die Haarschäfte am Hinterhaupt nicht auf das männliche Hormon Testosteron überempfindlich reagieren und daher ein gesundes gut wachsendes Haar ausbilden.

Kosmetische Verbesserung

Ist der Haarverlust sehr fortgeschritten, kann auch durch eine Haartransplantation nicht mehr ein befriedigendes Ergebnis erzielt werden. Durch das Tragen eines Haarteils oder eine Perücke kann wenigstens eine optische Auffälligkeit einigermaßen kompensiert werden.

Ausblick

Die Möglichkeiten der Therapie der androgenetischen Alopecie der Frau sind begrenzt und noch nicht befriedigend. Die zur Verfügung stehenden Therapeutika reichen zurzeit noch nicht aus, um ein vollständiges Haarwachstum wiederherzustellen. Das dürfte erst dann zu verwirklichen sein, wenn aufgrund der Erforschung der verantwortlichen menschlichen Gene oder Enzyme neue Medikamente entwickelt werden, die erreichen, dass aus einem miniaturisierten wieder ein kräftiges und Fülle gebendes Haar entstehen kann.